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Die neuen ESC Guidelines zur Diagnose und Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz

02-06-2016 14:43

Vor 20 Jahren waren die ESC Guidelines noch getrennt in Diagnose und Therapie und betrafen zuerst die chronische Herzinsuffizienz und später auch die akute. Heute nun erscheinen die Guidelines vereint und das ist laut Ponikowski eine gute Idee.

  1. Diese Guidelines empfehlen einen neuen Algorithmus für die Diagnose der chronischen Herzinsuffizienz anzuwenden, der auf der klinischen Wahrscheinlichkeit basiert. Diese ruht auf der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und dem Ruhe-EKG mit für alle drei jeweils typischen Erscheinungsbildern und Zeichen der Herzinsuffizienz. Weiter soll bei einem sich ergebenden Verdacht das zirkulierende natriuretische Peptid bestimmt und bei erhöhten Werten (NT-proBPN ≥125pg/mL, BNP ≥ 35pg/mL) eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt werden. Wird die Diagnose bestätigt, dann folgen die Ursachenbestimmung sowie die Festlegung einer Therapie.
  2. Hier geht es um den Einsatz der transthorakalen Echokardiographie zur Bestimmung der Myokardstruktur bez. -Funktion zusammen mit einer Messung des LVEF. Damit können in einer neuen Klassifikation drei Formen bestimmt werden, d.h. mit reduzierter Auswurfsfraktion (HFrEF, LVEF <40%), „mid-range“ (HFmrEF, LVEF 40-49%) und erhaltene Auswurfsfraktion (HFpEF, LVEF ≥50%). Für die letzten zwei Formen braucht es erhöhte Spiegel des natriuretische Peptids sowie mindestens eine relevante strukturelle Erkrankung des Herzens und/oder eine diastolische Dysfunktion. Vor allem die neue Gruppe der HFmrEF wird laut Ponikowski die Forschung in Bezug auf die zugrundeliegenden Charakteristika, die Pathophysiologie sowie die Behandlung stimulieren.
  3. Wichtig ist die Prävention oder die Verzögerung des Beginns einer Herzinsuffizienz. Darin eingeschlossen sind positive Empfehlungen zur Behandlung der Hypertonie und zum Einsatz von Statinen bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (aber nicht bei Herzversagen) oder dem Risiko dazu sowie Empfehlungen zur Verwendung von ACE-Hemmern (ACE-I) und Beta-Blockern bei asymptomatischer linksventrikulärer Dysfunktion bei anamnestisch bekanntem Myokardinfarkt. „Mit diesen Massnahmen kann die Entwicklung einer Herzinsuffizienz verhindert oder verzögert werden,“ so Ponikowski.
  4. Einsatz lebensrettender Pharmaka bei HFrEF: Empfohlen wird eine Kombination von ACE-I (bei Kontraindikation geht auch ein ARB) mit einem Beta-Blocker und einem Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA). Bleibt ein Patient weiterhin symptomatisch, dann kann Sacubitril/Valsartan den ACE-Hemmer ersetzen. Bei Stauungszeichen und -Symptomen sollen Diuretika zur Verbesserung der Symptomkontrolle und der Arbeitskapazität verschrieben werden.
  5. ICD-Implantation wird empfohlen bei Patienten, die sich von einer ventrikulären Arrhythmie mit hämodynamischer Instabilität erholt haben oder die unter einer symptomatische Herzinsuffizienz mit einem LVEF ≤35% trotz drei Monaten optimaler medizinischer Behandlung leiden. Nicht empfohlen wird der Einsatz innerhalb der 40 Tage nach einem Myokardinfarkt.
  6. Die kardiale Resynchronisation (CRT) soll bei erhaltenem Sinusrhythmus mit einem QRS von ≥130msec sowie einer Linksschenkelblock-QRS Morphologie eingesetzt werden. Bei einem QRS von unter 130msec ist die CRT kontraindiziert.
  7. Zeitverlust bei akuter Herzinsuffizienz vermeiden. Ponikowski: „Bitte trachten sie bei einer akuten Herzinsuffizienz danach, die Zeit für die diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen möglichst kurz zu halten.“ In der initialen Phase ist es gemäss den Guidelines wichtig, die Unterstützung für Atmung und Kreislauf bei einem Atemversagen oder im kardiogenen Schock sicherzustellen.
  8. Es sollen sofort auch koexistierende lebensbedrohliche klinische Ereignisse gemäss dem CHAMP Akronym identifiziert und gemäss Guidelines behandelt werden: acute Coronary syndrome, Hypertension emergency, Arrhythmia, acute Mechanical cause, Pulmonary embolism.
  9. In der frühen Akutphase der Herzinsuffizienz soll ein auf klinischen Profilen basierender diagnostischer Algorithmus verwendet werden: Evaluation von Stauung und peripherer Hypoperfusion. Letztere ist nicht synonym mit einer Hypotension. Diese ist jedoch oft Begleiter einer Hypoperfusion. Entsprechend den Einteilungen bei adäquater Perfusion in warm & wet sowie warm & dry beziehungsweise bei verminderter peripherer Perfusion in cold & wet sowie cold & dry geben die Guidelines weitere Empfehlungen zur Behandlung.
  10. Die Patienten mit Herzinsuffizienz sollen in ein multidisziplinäres Behandlungsprogramm eingeschlossen werden. Dies trägt dazu bei, die Risiken der Herzinsuffizienz zu reduzieren sowie die Häufigkeit von Hospitalisationen und der Mortalität zu verringern.  

Diese Kurzzusammenfassung von Ponikowski kann im Detail in den neuen Guidelines nachgelesen werden. Zu allen Punkten gibt es ausführliche Erläuterungen, die jeweils mit den entsprechenden Empfehlungsklassen und Evidenzniveaus untermauert werden.

 

Literatur:

  1. Piotr Ponikowski, Adriaan A. Voors, Stefan D. Anker, et al. 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. http://eurheartj.oxfordjournals.org/content/early/2016/05/19/eurheartj.ehw128

First published online: 20 May 2016

 

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